miniportion 168: bowle

Gärbehälter auf dem Christopher Street Day, Köln 2013

Gärbehälter auf dem Christopher Street Day, Köln 2013

Bis zur flächendeckenden Verbreitung der sogenannten Schlammbowle kam die schon im 19. Jahrhundert populäre Bowle vielfach mit Waldmeistereinlage und nach dem Krieg vor allem mit Fruchtcocktail aus der Dose daher und machte so manche sommerliche Familienfeier zum Erlebnis. Mit der Mischung aus Vanilleeis, Wodka und Kirschen verlor die Bowle ein wenig ihrer Contenance und wurde zumindest visuell zu einer eher unappetitlichen Angelegenheit. Über ihre heutige Verbreitung kann ich nur mutmaßen – die 41.000 Google-Treffer zu den Stichworten Schlammbowle und Rezept stimmen mich jedoch bedenklich.

In Dr. Oetkers „Kalte Küche“ von 1964 finden sich mit gewöhnlicher und Roter Erdbeerbowle, mit Pfirsich- und Ananasbowle gleich vier Rezepte für Bowle – wenn man den Kullerpfirsich mitzählt (für den es sogar eigene Gläser gab), sogar fünf. Dass es sich dabei noch nicht um ein Alltagsgetränk handelte, erkennt man unter anderem an dem Hinweis, dass die frische Ananas vor der Verwendung zu schälen sei. Auch die Angabe des zu verwendenden Weins ist aus heutiger Sicht interessant: 2 Flaschen Moselwein (weil sauer) und 1 Flasche Rheinwein (weil süß).

Dass man mit dieser Kategorisierung die Moselregion zu Unrecht als säuerliche Gegend abtut, zeigt die folgende Anekdote. Einmal feierte Freundin U. mit ihrer Familie einen runden Geburtstag. Es gab ein kaltes Büffet und ebenso kühle Erdbeerbowle. Anders als in der obigen Rezeptvorgabe würde ich außer Mosel- und Rheinwein sowie Söhnlein-Sekt „Rheingold“ auch noch eine gehörige Zugabe an Obstwasser oder anderem Schnaps vermuten. So genau kann sich da heute aber niemand mehr dran erinnern. Ich selbst habe nur noch eine vage Erinnerungen an einen Radiosender aus dem benachbarten Ostbelgien, den wir voller Begeisterung zum Partychannel auserkoren und danach nie mehr zurückfanden. Auch das wird vermutlich nicht an den Erdbeeren gelegen haben.

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