Im Fotoalbum, welches ich zum 18. Geburtstag geschenkt bekam, befindet sich ein Foto, auf dem ein als Dame verkleidetes Kind mit Hut und Schleier eine mit Puderzucker bestreute Waffel isst. Meine Mutter behauptet seit Jahren felsenfest, dass ich die auf dem Foto abgebildete Person sei. Ich hingegen habe an diese Maskerade überhaupt keine Erinnerung und bestreite diese Zuschreibung daher seit Jahren. Aber wie dem auch sei – wer, wie ich, auf dem Land aufwächst, ist mit Waffeln bestens vertraut. Zwischen Wiesen und Feldern gehören sie nämlich zum festen Repertoire von Sonntagkaffees, Kindergeburtstagen und Nachbarschaftsfesten. Wenn man sich dann auch noch, wie ich, im katholischen Milieu bewegt, hat man zumeist nicht nur eine Karriere als Waffelkonsument sondern auch eine solche als Waffelbäcker hinter sich. Einmal im Jahr, beim Pfarrfest, war es nämlich die Aufgabe der Jugendgruppen, Waffeln zu backen und aus einem Fenster des alten Pfarrheims hinaus gegen Papiermärkchen zu verkaufen, die man irgendwo in der Nähe des Bierstands für eine Mark käuflich erwerben konnte. Zu diesem Zwecke lieferte einer der örtlichen Bäcker mehrere Eimer mit Waffelteig, die im Laufe des Sonntagnachmittags in mehreren von Privatpersonen zur Verfügung gestellten elektrischen Eisen verbacken wurden. Am Ende des Tages waren die Eimer leer und den Mitgliedern der Jugendgruppe meist schlecht, weil man a) den Teig auch mal so kosten musste und b) die unschönen Waffeln ja nicht verkaufen und daher selbst aufessen muss.
Weniger in katholischer Manier und nicht auf dem Land, aber ebenfalls jedes Jahr, findet das weihnachtliche Waffelbacken bei unseren Freunden S. und A. statt. Immer am dritten Advent nämlich. In diesem Fall kommt der Waffelteig allerdings nicht aus einer Großproduktion, sondern die verwendeten 30 Eier werden in liebevoller Handarbeit von den Gastgebern ganz persönlich aufgeschlagen.