Früher war alles besser. Da kam nämlich mindestens einmal im Jahr Freund J. aus Österreich angereist, um uns für ein paar Tage in Aachen mit seiner Anwesenheit und seinem Dialekt zu beglücken. Im Gepäck hatte er zwar nicht die Reichsinsignien, wohl aber Kernöl aus seiner steirischen Heimat. Des weiteren aß er biologisch-dynamische Äpfel und kochte Krautsuppe mit viel Paprika. Später, in Amsterdam, importierte Freundin R. (aus Oberösterreich) den Himbeerschnaps ihrer Eltern in größeren Mengen. Aber das ist eine andere Geschicht’. Worauf ich aber hinaus will ist die Tatsache, dass beide Produkte in ehemaligen Mineralwasserflaschen abgefüllt und transportiert wurden. So macht man das auf dem Land. Während der Himbeerschnaps meist schnell aufgetrunken wurde, stand das Kernöl eine Weile im Kühlschrank, bis es für diverse Salatsoßen oder in der Kürbissuppe aufgebraucht war. Währenddessen stellten Freund G. und ich uns bei jeder Mahlzeit vor, wie im Kreis sitzende kräftige steirische Damen die Kerne aus den halbierten Kürbissen wuzelten.
Auf einer Dienstreise in die Steiermark und nach Slowenien begegnete ich den Kernen erstmals in ihrer österreichischen Heimat, wo der Steirische Ölkürbis zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch eine Mutation die dicke Schale der Samen verlor. In der Hofkonditorei Edegger-Tax in Graz ließ mich eine ältere Dame im weißen Berufskittel nicht nur ihre Sisi-Busserln sondern auch ihre Steirische Panthertatzen kosten, während sie sich, aufgrund der hohen Temperaturen etwas ermattet, darüber beklagte, dass alle Aushilfen am Brückentag frei hätten. Es is halt a Kreuz mit’m Personal. Während es sich bei den Busserln um kleine mit Marillenkonfitüre aufeinandergesetzte und mit Schokolade verzierte Haselnussplätzchen handelt, sind die aus Zucker, Kürbiskernen, Eiweiß und Mandeln bestehenden Tatzen überaus verfeinerte Amaretti. Den Rücktransport nach Deutschland überlebten sie nur vereinzelt.