
Steht zwar drauf, ist aber nicht drin, Maastricht 2013
Noch nachhaltiger als liebgewonnene Familientraditionen oder romantische Abendessen bei Kerzenschein erinnern wir uns der Mahlzeiten, die wir nicht vertragen haben. Die, von denen uns ein wenig übel geworden ist, die, von denen wir eine Fischvergiftung davon getragen haben oder in deren Verlauf wir sonstige Gastroenteritiden davongetragen haben.
Vor vielen Jahren einmal aß ich, noch zuhause bei meinen Eltern, eine ordentliche Portion Schmorgurke mit Hackfleisch und Reisbeilage. Später am Tag wurde ich krank, was grundsätzlich nichts mit der Qualität der Zutaten oder ihrer Zubereitung zu tun hatte, aber Jahre danach konnte ich die Nähe von Schmorgurken kaum ertragen, obwohl es sich dabei um ein Gericht handelt, was ich zuvor durchaus mochte und auch heute wieder schätze.
Anders hingegen ist das bei mir mit den Lebensmittel, deren Verzehr ich aufgrund meiner Unverträglichkeit von Milchzucker nicht besonders gut überstanden habe. Derer nämlich gibt es aufgrund der jahrelang unerkannt gebliebenen Intoleranz zu viele, als dass ich mich ihrer im Einzelnen erinnern könnte. Ganze Dekaden lang begann ich meine Tage mit einem großen Pott Milchkaffee, der im wesentlichen aus Milch mit etwas Kaffee bestand. Vervollständigt wurde diese Mahlzeit durch einen Teller Müsli mit Joghurt, im Laufe des Tages durch ein oder mehrere Joghurts ergänzt und hin und wieder abends durch das eine oder Pfannengericht mit einer gehaltvollen Sahnesoße abgerundet. Wenn ich solche Speisenfolgen an meinem Inneren Auge vorbeiziehen lasse, fühle ich den spontanen Impuls, mich selbst bei meinem eigenen Körper zu entschuldigen. Bitte, lieber Magen, lieber Dünn- und Dickdarm – vergebt mir, denn ich wusste nicht was ich tat.
Heute bin ich mehrheitlich abstinent und nur wenn ich bei Fremden eingeladen bin, mache ich großzügige Ausnahmen. „Diese Essen“, sage ich dann beim Abschied immer, „werde ich nie vergessen.“