Irgendwann kommt immer der Moment, in dem man sich fragt, warum man das eigentlich macht, was man so macht. Ein paar Gedanken zur Notwendigkeit des ZWISCHENGANGS.

Die Pandemie hat sowohl die gastronomische Landschaft als auch unsere kulinarischen Routinen grundlegend und dauerhaft verändert. Das Gastgewerbe war der erste Sektor, der schließen musste und ist zum Zeitpunkt dieser Überlegungen wieder und noch immer außer Betrieb. Die Impfungen geben indes Anlass zur Hoffnung, dass sich unser Alltag in den kommenden Monaten auf gewisse Weise wieder einrenken wird und wir selbst zu einer neuen Normalität finden werden können.
Und doch ist den meisten Gästen bewusst, dass es noch lange dauern wird, bis Planbarkeit und Regelmaß wieder in Restaurants, Cafés, Bars und Imbisse zurückkehrt. Zu lange die Schließungen und zu tief die finanziellen Einschnitte, aber auch zu groß die Kreativität der Akteurinnen in ihrer Suche nach Lösungen und Alternativen. Zumindest ein Teil der neuen Ideen und Konzepte wird dauerhaft zum neuen Modus Operandi gehören. Im Rahmen des zweiten „Lockdowns“ sind die Außerhauskonzepte und zusätzlichen Angebote weniger aufregend und experimentell, dafür aber deutlich nachhaltiger und durchdachter geworden.
In den gastronomischen Medien, die immer ein Spiegel der gegenwärtigen Verhältnisse sein müssen, steht diese Kalibrierung und Neupositionierung noch aus. Noch wartet man hier sehnsüchtig auf die vermeintlich erlösende Wiedereröffnung und in einem gewissen Maße auf die Rückkehr der alten Geschäftigkeit aus Restaurantbesuchen und -rezensionen. Dabei wir aber eben außer Acht gelassen, dass die klassische Gastrokritik auch bei einem sofortigen und umfänglichen Ende aller vorbeugenden Hygienemaßnahmen nicht mehr wie vorher funktionieren kann. Denn bei allem Hunger von Gästen und Gastronom:innen nach Normalität sitzen die Unsicherheiten tief und es bleiben zu viele Unwägbarkeiten. Mit der Wiederöffnung wird trotzdem alles irgendwie anders sein, weil wir uns eben nach und nicht mehr vor der Pandemie befinden.
Ein Grundmechanismus einer jeden Restaurantbesprechung ist der Abgleich dessen, was der Betrieb eigentlich darstellen und sein möchte mit dem, was er in den Augen der Tester*innen maßgeblich ist. Es geht um die Justierung von Anspruch und Wirklichkeit, so subjektiv das Urteil letzten Endes auch gefärbt sein mag. Dieser Abgleich ist aber in Folge der Pandemie unmöglich geworden. Niemand kann derzeit so arbeiten, wie dies vielleicht einmal geplant war – weder am Herd noch am Schreibtisch. Die Geschichten, die abseits des Essens auf dem Teller erzählt werden, von Stimmungen, Menschen, Temperaturen, Lautstärken und Gesprächen, also all das, was einen Restaurantbesuch zu einem Erlebnis macht, lassen sich derzeit nicht erzählen, weil niemand immer wieder von der Umsetzung der Hygieneschutzkonzepte, der reduzierten Speisekarte oder dem kontaktlosen Abrechnungsverfahren lesen möchte.
Es gilt daher, neue Wege zu gehen. Es gilt, sich zu lösen von der Sehnsucht nach den alten Gewohnheiten und es den Gastronom:innen gleich zu tun, um neue Wege zu beschreiten. Denn gegessen wird nach wie vor und gekocht wird – wie unlängst der Ansturm auf die Ostermenüs deutlich gemacht hat – mitnichten nur zuhause. Wir müssen daher die Öffnung der Gastronomie als Startschuss für die Wiederaufnahme der journalistischen Tätigkeit an den Nagel hängen und uns stattdessen auf die Suche nach neuen Narrativen machen.
Versteht man die gastronomische Landschaft einer Stadt als ein Teil unseres kulturellen Erbes, dann ist es gewissermaßen die Pflicht des Food-Journalismus, die Ärmel hochzukrempeln und neue Konzepte zu entwickeln und umzusetzen. Konzepte, die die bisherigen Formate in Frage stellen und neu denken – von der Genese einer Restaurantempfehlung über die Zusammenarbeit in flexiblen Netzwerken statt starren Verlagsapparaten, bis hin zum innovativen Vertrieb.
Die erste ZWISCHENGANG-Ausgabe ist jetzt im Crowdfunding: www.startnext.com/zwischengang.