Kas|sen|zet|tel 014

Warum Kas|sen|zet|tel? Hier!

Eingelegter Hering mit Orange und Whiskey

Eingelegter Hering mit Orange und Whiskey

Auf dem riesigen Parkplatz für 850 Autos gibt es nur noch wenige Lücken. Eine Frau in einer rosafarbenen Jacke schiebt einen gleichfarbigen Schirm im Einkaufswagen über den Zebrastreifen. Offensichtlich hat sie noch nicht das gefunden, was sie sucht Weiterlesen

Kas|sen|zet|tel 010

Warum Kas|sen|zet|tel? Hier!

Real, Imgenbroich 2016

Real, Imgenbroich 2016

Rechts von der Hauptstraße der megalomane Neubau einer Kaufland-Filiale. Im Dunkeln erinnert sie an ein auf der Wiese gelandetes UFO. Ich nehme den nächsten Kreisverkehr und verlasse ihn wieder in Richtung des alten Industriegebiets und fahre zum Real. Oder „ehemals Allkauf“, wie meine Eltern nach wie vor sagen, weil der Supermarkt irgendwann in den 1980er Jahren mal unter diesem Namen gestartet ist. Weiterlesen

miniportion 372: weiße limo

Weiße Limo auf Dänisch, Padborg 2014

Weiße Limo auf Dänisch, Padborg 2014

In meiner Jugend besuchte ich einmal die Karl May-Festspiele in Elspe. Das liegt bei Olpe im Sauerland und außer den besagten Aufführungen auf dem Kalkriff der sogenannten Attendorn-Elsper Doppelmulde gibt es dazu nicht sonderlich viel zu sagen. Aber in Kombination mit einem Autogramme verteilenden, vermutlich aus Ostdeutschland stammenden Indianer und einem spektakulären Auftritt von Pierre Brice reichte das schon aus, um den Ausflug zum Höhepunkt der Ferienspiele zu machen. An viel mehr Details kann ich mich leider nicht mehr erinnern, was der inzwischen vergangenen Jahre geschuldet ist und vielleicht auch der Tatsache, dass Karl May mich trotz der vielen spärlich bekleideten Männer nie besonders interessiert hat. Lediglich Miranda ist mir im Gedächtnis geblieben, eine etwas dralle und ebenso resolute Saloon-Besitzerin, die, wenn ich mich recht erinnere, während des Stücks von den Indianern entführt wurde oder so etwas in der Art. Damals verwechselte ich in der Aufregung das „a“ ihrem Namen mit einem „i“ und fragte mich, was das für Eltern sein müssen, die ihr Kind nach einer Limonade benennen. Aber in diesem Eintrag soll es weder um jene Miranda noch um ein Orangenfruchtsaftgetränk namens Mirinda gehen, die übrigens spanischen Ursprungs ist und deren Markenbezeichnung auf Esperanto so viel wie „wunderbar“ bedeutet. Stattdessen ist dieser Text allen authentischen Zitronenkracherln gewidmet, die in der Familie meines Mannes traditionell als „weiße Limo“ bezeichnet werden. Diese Konvention sorgte in der Anfangsphase unserer Bekanntschaft hin und wieder für Irritationen, weil ich mir unter einer weißen Limonade allenfalls ein wenig attraktives Milchmixgetränk vorstellen konnte. Heute aber, weiß ich was gemeint ist und nutze den Ausdruck manchmal selbst, wenn es mal schnell gehen muss. Vermutlich bin ich aber der einzige Mensch, der Miranda zu gelber Limonade sagt.

miniportion 283: multivitamin

Apfel-Apfelsine-Möhre-Zitrone-Ingwer, Aachen 2013

Apfel-Apfelsine-Möhre-Zitrone-Ingwer, Aachen 2013

Zum Geschmack von Möhren habe ich ein ambivalentes Verhältnis. Roh als Salat finde ich sie toll, ebenso im Eintopf und nach der Zubereitung einer Hühner- oder Rinderkraftbrühe freue ich mich darauf, das noch heiße, weich gekochte Gemüse im Stehen aus dem Topf zu essen. Möhrensaft hingegen finde ich untrinkbar. Und damit meine ich nicht nur „nicht lecker“, sondern nur mit größtem Widerwillen zu schlucken. Lediglich in frisch gepressten Säften kann ich den Geschmack ertragen und auch dann nur, wenn genügend andere Früchte – Apfelsinen, Äpfel und Zitronen – sich Mühe geben, den Eigengeschmack der gewöhnlichen Gartenmöhre zu unterdrücken.

In der Wohnung unter unserer WG wohnten während meines Studiums diverse Konstellationen von Menschen, die es trotz des dazugehörigen kleinen Hinterhofs im Parterre meist nicht allzu lange aushielten, was vermutlich am permanenten Tageslichtmangel gelegen haben wird. Einmal zog dort für eine Weile ein Punkpärchen ein. Morgens wurden wir fortan pünktlich gegen sieben Uhr von einem höllischen Lärm geweckt, denn wir wochenlang nicht zuordnen konnten, da die naheliegendste Assoziation – ein Presslufthammer – ausgeschlossen werden musste. Im Laufe der Zeit kam ich jedoch dahinter, dass es sich um eine Saftzentrifuge handeln musste, mit der der alternative Morgen begrüßt wurde.

Als mich, Jahre später, im Berliner Winter, auch einmal permanenter Tageslichtmangel bedrohte, beschloss ich, mir ein ebensolches Gerät zuzulegen. Eine technische Generation weiter macht es nicht mehr ganz so viel Lärm – in etwa noch so viel wie ein Schlagbohrer. Jetzt im Winter kommt es morgens wieder zum Einsatz um meine Abwehr gegen die diversen Bakterien- und Bazillenstämme im Büro zu stärken. Und weil ich ein Mensch bin, der an Traditionen, den eigenen und auch den der anderen hängt,  warte immer höflich bis um punkt sieben, um die Höllenmaschine in Gang zu setzen.