Hackfleisch führte zuhause gelegentlich zu Verstimmungen, allerdings weniger zu solchen gesundheitlicher Art, als vielmehr zu Dissonanzen in der Beziehung meiner Eltern. Nämlich immer dann, wenn nach dem Konsum einer Lasagne mein Vater bemerkte, dass das vergleichbar zubereitete Pastagericht seiner Mutter (also meiner Oma) irgendwie anders schmecken würde, als das meiner Mutter (also seiner Frau). Meine Mutter erklärte ihm dann, mehr oder weniger gelassen, dass das daran liege, dass seine Mutter nicht wie sie, reines Rindfleisch, sondern Schweinefleisch oder schlimmer noch „halb und halb“ verwenden würde. Damit war die Diskussion beendet und die Stimmung im Eimer. Ganz objektiv betrachtet hatten natürlich beide recht. Mein Vater weil die Lasagne wirklich anders schmeckte, meine Mutter, weil sie diese geschmackliche Differenz korrekt verorten konnte. Unmöglich waren aber auch irgendwie beide – mein Vater, weil man seine eigene Ehefrau nicht mit den Vorzügen ihrer Schwiegermutter unter Druck setzt, und meine Mutter, weil sie sich mit ihrer rational nicht nachvollziehbaren, aber um so radikaleren Ablehnung von Fleisch mit der Herkunftsbezeichnung „Schwein“ im Namen selbst im Weg stand. Salami, Lyoner und Bratwurst waren kein Problem, Schweineschnitzel, -kotelett oder -braten hingegen in unserem Haushalt undenkbar.
Damals kaufte man aber auch Hackfleisch noch beim Metzger, wo es nicht etwa abgepackt in Plastikschalen auf die Kundinnen wartete, sondern mit Petersilienbüscheln verziert in Edelstahlwannen. In einer das kräftig rote Rinderhack, in einer anderen das etwas bleichere Hackfleisch vom Schwein. Wenn man, was ich gelegentlich beim Einkauf anderer beobachten konnte, „halb und halb“ verlangte, griff die Fachverkäuferin mit einer Art kleinem Beil in beide Behälter und fügte ungefähr gleichgroße Klumpen erst auf dem Einwickelpapier zusammen. Die mussten dann auch irgendwie miteinander auskommen.