Bei Hot Dogs denke ich auch an Ikea, aber noch viel mehr an amerikanische Einfamiliehäuser in gepflegter Wohnlage. Ich denke an den Geruch von frisch gemähtem Rasen, an weit geöffnete Fenster und das Zischen von Möbelpolitur aus der Sprühflasche. Keine auf der Hand liegende Assoziationskette mag man jetzt denken, aber für mich a most valuable memory. Denn in meiner amerikanischen Gastfamilie gehörte sowohl der Hausputz als auch das dezente „ping“ der Mikrowelle, welches die gemeinsame Hotdog-Pause einleitete, zu den festen Samstagsritualen. Die Würstchen kamen dabei ganz klassisch von Oscar Mayer und waren so fest ins Plastik geschweißt, dass sie erst in der Mikrowelle ihre Kanten wieder verloren.
Auch in der Familie meines Mannes haben Hot Dogs eine gewisse Tradition. Allerdings eher im Urlaub, der in seinen Jugendjahren vielfach in Dänemark verbracht wurde. Da hatte ich, bei aller Affinität zu Wurst und Würsten, bei unserem ersten gemeinsamen Aufenthalt im Norden eine Menge nachzuholen. Mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie nachmittags jemand zum Bäcker fuhr, um Wienerbrød und anderes Plundergebäck zu kaufen, wurden nämlich bei jedem Ausflug in die Fußgängerzone ziemlich grelle røde pølser verzehrt.
Nach der Veröffentlichung einer, wenn auch kleinen, Monografie über Wurstkultur in Europa dachte ich eigentlich, dass mich auf diesem Gebiet nun nichts mehr überraschen könnte. Bis ich vor einiger Zeit bei einer Kreativbesprechung eine Hot Dog-Pizza vorgesetzt bekam. Ein knuspriger Hefeteig, belegt mit feinen Wurst- und Gurkenscheiben, abgerundet mit Mayonnaise und Röstzwiebeln. Er habe das mal selbst ausprobieren wollen, erläuterte Freund M., man bestelle sich hin und wieder beim Pizzaservice ein ähnliches Produkt. Recht hat er, dachte ich, denn warum sollte Fusion Food eigentlich immer nur asiatische Vorlagen aufgreifen? Es lebe die italienisch-amerikanisch-dänische Freundschaft!