miniportion 365: mettbrötchen

Zwiebel auf Mett, auf Brötchen auf Serviette, Köln 2014

Zwiebel auf Mett, auf Brötchen auf Serviette, Köln 2014

Neulich, so erzählt mein Mann mir, habe man in der Firma ein gemeinsames Frühstück anberaumt. Zur Vorbereitung hätten er und seine Kollegen überlegt – nachdem man sich mehrheitlich für die Anschaffung von Mettbrötchen entschieden habe – wie viel man denn so pro Person berechnen müsse. Letztendlich entschied man sich für beeindruckende 200 Gramm, deren Gesamtmenge vom Metzger als hübscher Marienkäfer mit Punkten aus Zwiebelringen in Form gebracht wurde. Nach wie vor kann ich mich nicht entscheiden, was ich bemerkenswerter finde – die 1,2 Kilogramm für die insgesamt sechs Mitarbeiter oder die Tatsache, dass man so mir nichts dir nichts zum Mettkonsum umschwenken kann. Die Portionsgröße wurde übrigens noch im Laufe des Vormittags mit Hilfe einer Briefwaage nach unten korrigiert. Mettbrötchen sind, so höre ich, zu einem festen Bestandteil der Firmenkultur geworden.

Meine frühesten eigenen Erinnerungen an Mettbrötchen sind mit der Filiale einer Aachener Bäckerei verbunden, in der sich meine Mutter unweit des Doms einmal ein ebensolches auf die Hand kaufte. Vielleicht irre ich mich da aber auch, weil meine Mutter eigentlich nur sehr selten, sehr ungern etwas aus der Hand isst. Dafür würde allerdings sprechen, dass sie lange Zeit das einzige Mitglied der Familie war, für das ein Mettbrötchen überhaupt in Frage gekommen wäre. Aber manche Dinge bleiben wie sie sind und manche ändern sich. Während meine Mutter vermutlich auch wie vor gelegentlich ein heimliches Mettbrötchen zu sich nimmt, ist mein Mann, denn ich in früheren Zeiten mit rohem Hack und Zwiebeln auf einem Weißbrötchen sehr einfach in die Flucht hätte schlagen können, ein erklärter Fan von Mett-Witzen in den sozialen Medien geworden ist. Letztens bekam ich die Fotografie einer aus Hackfleisch geformten Muppet-Figur auf mein Handy geschickt – ein Kermett gewissermaßen. So ist das in deutschen Büros.

miniportion 248: hackfleisch

Hackfleisch – die eine Hälfte, Battice 2004

Hackfleisch – die eine Hälfte, Battice 2004

Hackfleisch führte zuhause gelegentlich zu Verstimmungen, allerdings weniger zu solchen gesundheitlicher Art, als vielmehr zu Dissonanzen in der Beziehung meiner Eltern. Nämlich immer dann, wenn nach dem Konsum einer Lasagne mein Vater bemerkte, dass das vergleichbar zubereitete Pastagericht seiner Mutter (also meiner Oma) irgendwie anders schmecken würde, als das meiner Mutter (also seiner Frau). Meine Mutter erklärte ihm dann, mehr oder weniger gelassen, dass das daran liege, dass seine Mutter nicht wie sie, reines Rindfleisch, sondern Schweinefleisch oder schlimmer noch „halb und halb“ verwenden würde. Damit war die Diskussion beendet und die Stimmung im Eimer. Ganz objektiv betrachtet hatten natürlich beide recht. Mein Vater weil die Lasagne wirklich anders schmeckte, meine Mutter, weil sie diese geschmackliche Differenz korrekt verorten konnte. Unmöglich waren aber auch irgendwie beide – mein Vater, weil man seine eigene Ehefrau nicht mit den Vorzügen ihrer Schwiegermutter unter Druck setzt, und meine Mutter, weil sie sich mit ihrer rational nicht nachvollziehbaren, aber um so radikaleren Ablehnung von Fleisch mit der Herkunftsbezeichnung „Schwein“ im Namen selbst im Weg stand. Salami, Lyoner und Bratwurst waren kein Problem, Schweineschnitzel, -kotelett oder -braten hingegen in unserem Haushalt undenkbar.

Damals kaufte man aber auch Hackfleisch noch beim Metzger, wo es nicht etwa abgepackt in Plastikschalen auf die Kundinnen wartete, sondern mit Petersilienbüscheln verziert in Edelstahlwannen. In einer das kräftig rote Rinderhack, in einer anderen das etwas bleichere Hackfleisch vom Schwein. Wenn man, was ich gelegentlich beim Einkauf anderer beobachten konnte, „halb und halb“ verlangte, griff die Fachverkäuferin mit einer Art kleinem Beil in beide Behälter und fügte ungefähr gleichgroße Klumpen erst auf dem Einwickelpapier zusammen. Die mussten dann auch irgendwie miteinander auskommen.