Der Granatapfel ist ein mit vielschichtiger Symbolik belegtes Obst. Er steht für Fruchtbarkeit und Macht, aber auch für Blut und den Tod und hat die blöde Angewohnheit, bei unachtsamem Gebrauch, die Küche zu versauen. In langer Annäherung an die Frucht habe ich mir daher angeeignet, zunächst mit einem sehr scharfen Messer die Haut einzuritzen, um die Frucht dann beherzt aufzubrechen, wonach man die dunkelroten, saftgefüllten Juwelen aus der Schale fummeln kann. Auch den mitunter herben Geschmack frischer Früchte muss man erst schätzen lernen. Bei meinem ersten Besuch in Istanbul kaufte ich morgens nicht nur warme Simit, sondern auch köstlichen frisch gepressten Granatapfelsaft. Als ich ein halbes Jahr später bei meinen Schwiegereltern meine Einkaufsexpertise unter Beweis stellen wollte und beim selben oder einem benachbarten Händler Saft fürs Frühstück kaufen wollte, musste ich einen im wahrsten Sinne des Wortes herben Dämpfer hinnehmen, da der Saft aufgrund der reichlich vorhandenen Oxalsäure von den Anwesenden nur für bedingt genießbar erklärt wurde.
Dabei ist der Granatapfel für seine gesunden Eigenschaften, vor allem für das Abfangen von freien Radikalen, bekannt. Einmal war mein Freund J., mit dem ich mich in Berlin Jahren gerne schon zu früher Stunde über Politik stritt, zum Frühstück bei mir. Ich hatte gerade eine Saftzentrifuge erworben, war über Apfel-Orange-Möhre-Ingwer hinausgewachsen und experimentierte mit allerlei Obst. An diesem Morgen gingen Weintrauben und Granatäpfel unter ziemlichem Lärm den Weg alles versaftbaren Obstes. Nun muss man wissen, dass Freund J., trotz seiner frühmorgendlichen Streitlust ein an und für sich ein sehr höflicher Mensch ist, der sich aber tatsächlich, nach einem ersten Schluck der neu kreierten Saftmischung, weigerte, das Glas zu leeren. Das sei ihm zu pelzig, sagte er, zu sauer, er könne nicht mehr! An diesem Morgen gingen wir ganz friedlich auseinander.