miniportion 192: rindswurst

Rindswurst mit Wasserweck in der Kleinmarkthalle, Frankfurt M. 2013

Rindswurst mit Wasserweck in der Kleinmarkthalle, Frankfurt M. 2013

Frankfurt reißt mich kulinarisch hin und her. Auf der einen Seite werde ich bei den gelegentlichen Besuchen auf dem Bauernmarkt auf der Konstablerwache ganz neidisch und wünsche mir vergleichbare Weinstände nebst Kartoffelwurst auch fürs Rheinland. Andererseits kann ich mich bekannterweise nur sehr schwer mit Apfelwein anfreunden. Grüne Soße habe ich zwar noch nicht oft gegessen, bislang fand sie aber immer meinen Gefallen. Von Frankfurter Kranz, den es ordentlich in Frischhaltefolie verpackt, sogar in der Cafeteria in der Uni Frankfurt gibt, einmal ganz zu schweigen. Die Rindswurst hingegen ist wiederum nicht so meins.

Mit Freund F. besuche ich die Kleinmarkthalle, die mich in ihrer bürgerlichen Beschaulichkeit immer wieder fasziniert. Versprochen wurde mir ein Frikadellenbrötchen, dessen hohe Qualität nur noch von den charakteristischen Eigenheiten des hübschen Verkäufers mit dem Spitznamen „Öhrchen“ in den Schatten gestellt würde. Die Zwischenmahlzeit erwies sich als triftiger Reisegrund, die Öhrchen kann ich aufgrund der Dienstbefreiung des besagten Frikadellenfachverkäufers leider nicht beurteilen. Doch damit nicht genug. „Auf“, sagt Freund F., „wir essen noch eine Rindswurst.“ Wir spazieren hinüber zum Stand von Frau Ilse Schreiber, die mit ihren sechs Wurstsorten (Fleischwurst mit und ohne Knoblauch, Rindswurst mit und ohne Knoblauch, Gelbwurst und Krakauer) schon seit Jahrzehnten so etwas wie eine lokale Institution ist. „Sie hatten eine Rindswurst mit Brot“, sagt sie zu F. und weist mit der gerade wie eine Banane geschälten Wurst auf mich, „er hatte eine mit Wasserweck.“ Auf einer an der Wand angebrachten Ablage verzehren wir unsere Würste. Mir ist auch an diesem Stand der typische Geschmack etwas zu streng, während Freund F. mit sichtlichem Genuss vor sich hin kaut. Aber letztendlich ist gutes Essen ja immer auch eine Frage der guten Begleitung. Lecker war’s!

miniportion 118: apfelwein

Hessischer Bembel auf der Internationalen Tourismusbörse Berlin, 2013

Hessischer Bembel auf der Internationalen Tourismusbörse Berlin, 2013

Freund F., der Biologe und Botaniker aus Südhessen, erzählt mir seit Jahren von einer Kneipe in Frankfurt Nordend, in der größere Personengruppen das sogenannte „Bembel des Todes“ bestellen könne. Die blau-graue Steingutkanne sei dabei aber so schwer, dass sie in einem kippbaren schmiedeeisernen Gestell serviert werde, das den Ausschank überhaupt ermögliche. Sehen durfte ich diesen Höhepunkt regionaler Lebensart bislang leider noch nicht, lediglich ein sogenannter Bierpapst wurde mir bei einem Besuch in Sachsenhausen einmal gezeigt und der Westhafen Tower im Gutleutviertel von Frankfurt, der aussieht wie ein Geripptes, die klassische Glasform für Apfelwein. Freund F. selbst konsumiert Ebbelwoi als sommerlichen Durstlöscher – süßgespritzt mit Limonade oder sauergespritzt mit Mineralwasser. Er schätze die herben Noten des Getränks, sagt er, die im Frankfurter Raum durch die Zugabe von gerbstoffhaltigen Speierlingfrüchten erzielt werden. Das zu mögen ist, wie vieles, eine Frage der geschmacklichen Sozialisierung. Manche sagen herb, andere würden es sauer und bitter nennen.

In der Normandie unterhielt ich mich einmal sehr lange mit der Frau eines Cidreherstellers, die mir (aufgrund ihrer Affinität zu Deutschland) sehr höflich aber doch deutlich mitteilte, dass sie einmal deutschen Apfelwein probiert habe – sie sammelte sich kurz – aber wirklich trinken können sie DAS nicht. Das kann ich als Rheinländer durchaus nachvollziehen. Einmal, meine Schwiegereltern wohnten damals im Taunus, gab es nach einem winterlichen Spaziergang keinen Glüh-, sondern heißen Hessischen Apfelwein. Wie heute war ich auch damals schon Produkten mit geschützter geografischer Herkunftsbezeichnung gegenüber durchaus ausgeschlossen und freute mich auf eine unbekannte lokale und saisonale Spezialität. Nach dem ersten Schluck dachte ich allerdings, man wolle mich umbringen wollten, um die Mitgift zu sparen.