miniportion 161: curaçao

Curaçao in der blauen Version, Curaçao 2009

Curaçao in der blauen Version, Curaçao 2009

Einmal trank ich auf Gran Canaria in einer billigen Bar einen billigen Cocktail. Das kann einem auf dieser Insel ja schon einmal passieren. Während der Rest der Reisegesellschaft die Aussicht genoss, beschäftigte mich eher die Angst, die fluoreszierenden Eigenschaften des Getränks, das vage nach Multivitaminsaft und Doppelkorn schmeckte, könnten nach Konsum auf mich übergehen. Dem war aber Gott sei Dank nicht so.

Cocktails – vor allem die, die im tropischen oder subtropischen Urlaub getrunken werden – sind ja gerne ziemlich groß und ziemlich bunt. Das hängt vermutlich mit unseren Assoziationen von einem unbeschwerten und kindlichen Leben, zum Beispiel in der Karibik, zusammen. Umso erstaunter war ich, als ich vor einigen Jahren eine Likörfabrik auf der niederländischen Insel Curaçao besichtigte und erklärt bekam, dass die ursprüngliche Version der Inselspezialität farblos, in dieser Form abseits der Insel aber nicht zu kaufen sei. Desillusionierend – mal ganz abgesehen von der Tatsache, dass die Produktion überhaupt nur durch eine ordentliche Fehlinvestition in Gang kam, als nämlich die Spanier im 16. Jahrhundert feststellten, dass von den von ihnen vor Ort angebauten Orangen allenfalls die Schale brauchbar war.

Mit Curaçao blue eingefärbten Orangensaft nannte man früher Grünspan oder grüne Witwe und ich erinnere mich dunkel, dass meine Mutter nach ihrem einzigen Besuch in unserer örtlichen Diskotheque namens Tanzbar San Diego (zwischen Heißmangel und Pfarrkirche gelegen), zu dem sie von ihren Kirchenchorschwestern animiert worden war, von einem derartigen Getränk erzählte. Später dann, als ich im jugendlichen Alter meine Geburtstage zwar nicht in der örtlichen Tanzbar, wohl aber in der heimischen Garage feiern durfte, übte eine alkoholfreie Version des niederländischen Herstellers Bols eine kurze Zeit lang einige Faszination aus. Hätten wir damals das Licht ausgemacht – wir hätten sicherlich innerlich geleuchtet.

miniportion 028: leguan

Leguan im Restaurant Jaanchie’s, Westpunt Curaçao 2009

Leguan im Restaurant Jaanchie’s, Westpunt Curaçao 2009

Essbare Tiere kann man in drei Kategorien einteilen: 1. Die Tiere, die wir irgendwie schön oder putzig finden und die wir deshalb nicht essen. 2. Die Tiere, die wir unheimlich und abstoßend finden und deshalb NICHT essen und 3. Die Tiere, die uns egal sind und die wir deshalb so oft wie möglich essen.  Die Grenzen zwischen diesen Kategorien sind dabei manchmal fließend. Freund F., ein studierter Botaniker, der nicht nur jedes Gemüse seziert und zubereitet, isst beispielsweise kein Kaninchen, weil er als Kind mal eines namens Herkules besaß.

Reptilien hingegen gehören eindeutig zur zweiten Kategorie. Sie sind Tiere, die wir nicht essen, weil wir sie im Regelfall als ein wenig unheimlich und vielleicht auch ekelerregend empfunden. Nichts spricht aber beispielsweise gegen den Verzehr eines Leguans. Vor ein paar Jahren bereiste ich die Karibikinsel Curaçao und war fasziniert von den armlangen anmutigen Echsen, die mich, sobald ich den Kopf auf meiner Liege am Pool zur Seite drehte, auf Augenhöhe anstarrten. „Nicht nur harmlos, sondern auch lecker“, erklärt mein Guide vor Ort und macht mir vor, wie Kinder die mitunter etwas naiven Echsen von den Bäumen schütteln, um sie dann zu verkaufen. „Außerdem“, sagt er vertraulich, „hat der Verzehr von Leguanfleisch eine gewisse Wirkung auf Männer. Du verstehst schon.“ Ganz begeistert von meinem Interesse nimmt er mich mit zu „Jaanchie’s“, einem alten Restaurant im äußersten Westen der Insel. Dessen lustiger gleichnamiger Besitzer erläutert uns die Speisekarte und trifft anschließend auch die Auswahl. Es gibt Fisch, Reis mit Bohnen, Abalone und eine Portion Leguan. „Eine gute Wahl“, sagt er und zwinkert mir zu. Die in einer roten Soße geschmorten Stücke sind durchaus noch als Leguan identifizieren und auch die krause Petersilie kommt mir bekannt vor. „Schmeckt wie Hühnchen“, lese ich in meinen Aufzeichnungen „ist aber nicht viel dran und hat fischgrätenartige Knochen.“ Huhn ist für uns ja meistens die erste Referenz. Egal – so oft wie möglich essen!