soulfood düren – #014

Mexican Burger, Düren, Juli 2017

Burger

Es dauert eine ganze Weile, bis die Kellnerin an meinen Tisch kommt. „Ich bin gleich bei ihnen“, sagt sie im Vorbeigehen. Es ist nicht wirklich voll an diesem späteren Mittwochmittag, aber sie nimmt sich Zeit für die Gäste. Auf der Terrasse vor dem Laden sitzen ein mittelaltes Paar in Freizeitkleidung, zwei jüngere Frauen in der Mittagspause, davon eine mit Kopftuch, und ein betagteres Ehepaar. Die ältere Dame trägt eine getönte Brille, Perlenkette und hat – trotz der prallen Sonne, in der sie sich befindet – eine weiße Strickjacke um die Schultern gelegt. Auf dem Tisch neben dem Mann liegt eine blaue Schirmmütze. Die Kellnerin kassiert die beiden und man erzählt noch ein Weilchen. Im Hintergrund läuft ziemlich harter Hiphop, der zu keinem der Anwesenden passt, aber auch niemand zu stören scheint. „Alles gut bei euch?“, fragt die Kellnerin das mittelalte Paar. „Wir machen heute alles sehr langsam“, antwortet die Frau und streicht sich durch ihre kurzen blonden Haare, „es ist warm!“

„Mittagstisch“ steht auf einer schwarzen Plastikkarte auf meinem Tisch, „montags bis freitags – Pick-One-Menü – Burger nach Wahl mit Pommes & hausgem. Limo – 9,90.“ Die Kellnerin kommt an meinen Tisch und wechselt zum Du. „Kann ich aus allen Burgern auswählen?“, frage ich, weil die Spanne zwischen den Klassikern und Specials wie dem „Italian Stallion“ ziemlich weit ist. „Alle“, antwortet sie, „nur der Heartattack, der ist nicht dabei.“ Darüber bin ich froh, weil der mit Triple Patty, Triple Cheddar-Käse, Ketchup und Mayo bei diesem Wetter vielleicht doch etwas viel wäre. Denke ich mir. Stattdessen bestelle ich den Mexican Burger mit Chili con Carne, weil mich das an den „Sloppy Joe“ meiner Highschoolzeit erinnert. Aber das ist eine andere Geschichte.

Ein anderer alter Mann kommt zu seinem vor dem Burgerladen geparkten Auto zurück. Er trägt ein knappes weißes Sonnenhütchen, was mich irgendwie an Anstreicher denken lässt. Während er sich im Zeitlupentempo in den Wagen schiebt und anschließend ausparkt, steht seine Frau auf dem Bürgersteig und versucht, möglich unbeteiligt zu erscheinen.

Mein Burger kommt und ich bin sehr froh, dass Messer und Gabeln auf dem Tisch steht. Es wurde nicht gespart – weder am Chili noch an den Chilis, weder an der Guacamole noch an den Pommes. Lecker schmeckt’s, auch wenn das Fleisch für mich noch ein paar Sekunden auf dem Grill hätte bleiben können. Aber „medium“ ist eben Interpretationssache. „200 Gramm sind eine ganze Menge für knapp 30 Grad im Schatten“, denke ich mir.  „Ich habe meine Fritten nicht aufbekommen“, texte ich zwei Freundinnen, „ICH habe meine Fritten nicht aufbekommen. Könnt ihr euch das vorstellen?“.

Ich füge mich der angenehmen Langsamkeit des Mittags, bleibe noch eine Weile sitzen und beobachte die Lage. Das mittelalte Paar ist bei genauerer Draufsicht gar nicht so mittelalt, sondern eher so mein Jahrgang. Vielleicht bin ich aber auch schon mittelalt. Als der Mann Zigaretten holen geht, sehe ich ein großes Tattoo auf seinem rechten Oberarm. Eine Frau mit langen Haaren und einem weiteren großen Tattoo auf dem rechten Oberarm geht vorbei und winkt verhalten. Die beiden reagieren nicht. Der nächste Passant wird freundlich gegrüßt. Als er mit der Frau von vorhin wieder zurückkommt, wird auch die erkannt. „Ich war noch dunkler“, sagt sie und fährt sich mit der Hand durch die Haare, „das ist schon wieder heller geworden.“ „Ganz anders sieht die aus“, sagt der Mann leise zu seiner Frau mit den kurzen blonden Haaren. Dann kommen die beiden anderen wieder zurück. „Wir wollen doch auch hier was essen“, sagt die Frau mit den langen Haaren, die mal noch dunkler waren und zeigt die Straße hinunter, „in der Stadt ist ja alles voll.“

Beef & Bread / Weierstraße / beefandbread.de

 

Mit dem Projekt „Soulfood Düren“ bin ich auf die Suche nach der kulinarische Seele der Stadt. Mit möglichst vielen Dürenerinnen und Dürenern spreche ich über Lieblingsessen und -orte, die Stadt, das Leben und die Liebe. Nach der Sommerpause gibt es neue Termine …