#isswas 006 – fischessen

Das Haus der Geschichte in Bonn beschäftigt sich in einer Wechselausstellung mit dem Titel „Is(s) was?!“ mit der Geschichte von Essen und Trinken in Deutschland. Im Rahmen der sogenannten IssWas-Woche (15. bis 21. Juni)  sind Hobby-Köch/innen und Profis, Foodies und Gelegenheits-Gourmets eingeladen, ihre Bilder, Anekdoten und Rezepte auf den Social-Media-Portalen des Museums zu teilen. Im Rahmen eines Tweetups am 22. Juni um 12.00 werde ich vor Ort in der Ausstellung die schönsten, lustigsten und skurrilsten Beiträge präsentieren und zur Diskussion stellen.

Jeden Tag stellen wir auf Facebook & Twitter eine andere Frage – heute:

Gibt es in Eurer Küche Traditionen und Rituale die religiös begründet sind?

Wolfsbarsch, Seeaster, Spargel, Püree und Rapsblüte, Zeeland 2014

Wolfsbarsch, Seeaster, Spargel, Püree und Rapsblüte, Zeeland 2014

In meiner katholischen Familie gab es früher eine ganze Reihe von Regeln, die ganz klar katholisch bedingt waren. Am Palmsonntag gab es ein violettes Ei pro Person, das wir Kinder im Garten immer unter dem Buchsbaumstrauch fanden. In der Fastenzeit wurden Süßigkeiten nicht gegessen, sondern in einem Einmachglas auf der Fensterbank in der Küche gesammelt. Und grundsätzlich wurde vor den Mahlzeiten gebetet. Das Erntedankfest – der christliche Feiertag an dem Ernte und Nahrung im Mittelpunkt stehen – fand vor allem in der Kirche statt. Gewöhnliche Sonntage aber waren wiederum in jedem Fall kirchlich bestimmt. Lange Jahre gab es Geflügel aus dem Römertopf, der vor dem Hochamt in den Ofen geschoben wurde, bei der Rückkehr verzehrfertig vor sich hin duftete und nach dem Telefonat mit der Oma mütterlicherseits mit allgemeiner Begeisterung gegessen wurde.

An Freitagen hingegen gab es kein Fleisch. Nicht zum Mittagessen, nicht auf den Butterbroten für die Schule und auch nicht auf denen zum Abendessen. Stattdessen gab es Fisch. Frischen Kabeljau, wenn meine Mutter in den benachbarten Niederlanden auf dem Markt gewesen war, ansonsten Seelachs aus der Kühltruhe und manchmal auch Fischstäbchen und Schlemmerfilet à la Bordelaise. Manchmal auch Spinat oder Mangold mit hartgekochten Eiern.

Einige von diesen Familientraditionen, wie beispielsweise das violette Ei, sind aus meinem Alltag verschwunden. Andere hat sich ein wenig verlagert – so faste ich keine Süßigkeiten mehr, sondern Kaffee, weil mir das weitaus schwerer fällt als meinen ohnehin schon geringen Süßwarenkonsum einzuschränken. Der Fischfreitag aber hat sich indirekt gehalten. Weil eine der drei gemeinsamen Hauptmahlzeiten der Woche auf dem Freitagabend liegt, esse ich nämlich mitunter auch mal freitags Fleisch. Allerdings frage ich mich jedes Mal mit einem leicht unguten Gefühl, ob das wohl in Ordnung ist. Manche Muster halten eben ein Leben lang.