Spätestens ab Totensonntag beginnt die Glühweinsaison. Dieser Tatsache können auch die globale Erderwärmung und spätspätherbstlich sonnige Tage nichts anhaben. Glühweinkonsum ist dann gewissermaßen eine bürgerliche Pflicht, die oftmals mit einer völligen Abschaffung jeglicher Qualitätsansprüche einhergeht. Hauptsache es knallt. Neulich besuchte ich mit Freunden einen Glühweinstand an der Rückseite des historischen Rathauses meiner Heimatstadt und bezahlte für vier alkoholische Heißgetränke und zwei Mal Kinderpunsch stolze 30 Euro. Inklusive Pfand versteht sich, aber immerhin.
Kein Wunder dass wir uns früher, nachdem wir in der Oberstufe das gesetzlich glühweinfähige Alter erreicht hatten, so einiges einfallen ließen, um die traditionell übertriebenen Preise zu umgehen. Zum Beispiel die Anfertigung von heißem Glühwein aus dem Discounter mittels einer handelsüblichen Kaffeemaschine. Das geht, einfach den Wasserbehälter befüllen und einschalten. Es dauert allerdings eine ganze Weile, bis der Kaffeegeschmack nachlässt und noch länger, bis der Kaffee danach nicht mehr nach Glühwein schmeckt. Aber damit nimmt man es in dieser Lebensphase ja ohnehin nicht so genau.
Man muss sich aber gar nicht auf überfüllten Weihnachtsmärkten mit Plastikdekoration oder in 70er-Jahre-Gymnasien aus Sichtbeton bewegen, um in den Genuss von Glühwein zu kommen. Das geht nämlich auch zuhause. Aus dem vorweihnachtlichen Kopenhagen brachte ich einmal ein schönes Rezept für den dort üblichen Gløgg mit. Danach fertigt man zunächst einen Grundsirup aus dunklem Bier, Portwein und Kandiszucker an, überbrüht und schält Mandeln und verliest und weicht Rosinen ein … Sicherlich eine ganze Menge mehr Arbeit als ein schnelles Gläschen auf dem Weihnachtsmarkt, aber in jedem Fall ungleich leckerer. Und wenn der Topf alle ist, kann man auf dem Sofa einfach ganz still und leise in die Kissen kippen und bis zum nächsten Morgen liegen bleiben.